Die Kreativität der Notenbanken kennt bisher anscheinend noch keine Grenzen
In der zweiten Julihälfte 2022 gab die Europäische Zentralbank (EZB) ein neues Instrument ihrer Geldpolitik bekannt. Unter dem Namen Transmission Protection Instrument
(TPI) kann man sich nicht sofort konkret vorstellen, was damit geplant ist. Die entsprechende Pressemitteilung wurde allerdings auch nicht in einer deutschsprachigen Fassung veröffentlicht. Vielleicht sollen die sehr kritischen Deutschen gar nicht verstehen, welcher Zündstoff in diesem Instrument begründet ist?
Im Kern hat sich die EZB selbst ermächtigt, gezielt Staatsanleihen von Ländern aufzukaufen, die wegen zu hoher Verschuldung, mangelnder Reformbereitschaft oder sonstigen Risiken am Kapitalmarkt höhere Zinsen zahlen müssen. Gerade diese höheren Zinsen z.B. von Italien spiegeln am Kapitalmarkt die unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten wider und solche Preisunterschiede sind zu begrüßen. Zeigen sie doch, dass ein funktionierender Markt vorliegt und unterschiedliche Risiken unterschiedlich kalkuliert werden.
Durch die Begünstigung einzelner Staaten zu Lasten von anderen Volkswirtschaften nimmt die EZB aktiv Einfluss in die Mitgliedsfinanzierung der Haushaltsländer. Ich möchte im Moment nicht in der Haut der Notenbanker stecken, da mir ihr Dilemma sehr wohl bewusst ist. Nach meiner Einschätzung betreibt sie mit diesem neu kreierten Instrument eine aktive Staatsfinanzierung, was ihr von den Statuten nicht erlaubt wäre. Ein Ritt auf der Rasierklinge und eine erneute Gratwanderung. Der weiteren Aufweichung des Euro ist damit Tür und Tor geöffnet. Die Inflation wird aus meiner Sicht damit höchstwahrscheinlich eher befeuert als eingedämmt. Anscheinend sind Notenbanken und Politik bereit, langfristig einen hohen Preis zu bezahlen, da sie die kurz- und mittelfristigen Konsequenzen einer alternativen Vorgehensweise scheuen.
Verfasser: Rupert Bader vom 04.08.2022