Sustainable-Linked Bonds (SLBs)

Gastbeitrag von Dr. Bernd Villhauer, Geschäftsführer des Weltethos-Instituts, Tübingen

Ein Überblick zu den Eigenschaften und Auswirkungen eines nachhaltigen Investmentprodukts

Was sind Sustainable-Linked Bonds (SLBs)? Diese spezielle Form von Bonds, also Anleihen, ist so konstruiert, dass die ausgebende Firma sich verpflichtet, bestimmte ESG-Ziele in einem bestimmten Zeitraum zu erreichen. Sie sind nicht mit Green Bonds zu verwechseln. Diese werden ausgegeben, um bestimmte Investitionen zu ermöglichen. Bei Green Bonds steht also die einzelne konkrete Anlage und Mittelverwendung im Vordergrund, bei den SLBs hingegen das Erreichen vorher definierter Ziele, die meist das ganze Unternehmen betreffen.

Hier werden schon zwei wichtige Eigenschaften der SLBs deutlich: die konkrete Wirkung durch Zielerreichung ist von Bedeutung, sowie die Nachprüfbarkeit dieser Zielerreichung. Hinzu kommt, dass bei SLBs vereinbart wird, welche "Strafe" bei Nichterreichung der Ziele fällig wird. In diesem Fall muss der Emittent höhere Zinsen zahlen (z.B. bei der regelmäßigen Auszahlung gemäß Kupon) oder andere Sonderzahlungen leisten.

Es geht also darum, größere Verbindlichkeit und Nachprüfbarkeit in den Bereich der nachhaltigen Anleihen zu bringen und die Steuerungswirkung zu verstärken. Die SLBs stoßen daher durchaus auf Interesse; sie werden u.a. von Novartis, Enel, Suzano, Chanel, Verbund AG, Telefonica und Ahold Delhaize angeboten.

Aber welche Fragen sind noch offen bei diesem Finanzprodukt? Zum einen ist nicht klar, wie die Versprechen der emittierenden Firmen überhaupt bewertet werden können. Denn die Stärke der SLBs ist hier auch ihre Schwäche: sie versprechen eine spezifische Nachhaltigkeitsleistung. Diese Leistung ist eine ganz besondere und an viele besondere Voraussetzungen geknüpft: die Marktbedingungen, die Sektorvoraussetzungen, die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens und seinen Grad der Transformation. Daher ist es schwer, die Zielvorgaben objektiv zu bewerten. Ist es wirklich sinnvoll, was das Unternehmen sich da vorgenommen hat? Ist es zu wenig ambitioniert - oder zu viel? Die Vergleichbarkeit mit anderen emittierenden Firmen ist oft schwer zu ermitteln.

Über SLBs erschien in der "Financial Times" vom 3. März 2023 ein interessanter Artikel ("Sustainability bonds stumble amid greenwashing scrutiny", Financial Times, 03.03.2023, S.9.), der einige Kernprobleme beleuchtet. Ich will besagten Artikel hier etwas ausführlicher wiedergeben, da in ihm Produkt- und Akteursperspektiven deutlich werden. Der FT-Artikel beleuchtet auch all das, was schiefgehen kann, und gibt uns so die Möglichkeit, dieses Finanzierungsinstrument besser kennenzulernen.

Es fängt damit an, dass die Firmen die Bonds teilweise früher zurückkaufen können. Sie ersparen sich selbst die unangenehme Erfahrung, mehr Zinsen zahlen zu müssen, weil sie die Nachhaltigkeitsziele nicht erreicht haben. Hier haben wir schon einmal die erste Stellschraube: Wirksamkeit muss in ihrer zeitlichen Dimension beschrieben werden, damit sich die Akteure nicht aus der Wirkungskette "herauskaufen" können.

Auch geraten wir in einen problematischen ökonomischen Regelkreis, wenn sich für Ankäufer die schlechte Performance einer Firma lohnt. Denn im Grunde ist es so, dass besser gezahlt wird, wenn die Ziele verfehlt worden sind. Ein höchst unerfreuliches Incentive, welches dazu führen könnte, dass ich als SLB-Käufer mich auf die Firmen konzentriere, von denen ich weiß, dass sie den Mund zu voll genommen haben, weil nach einer Analyse ihres Geschäftsmodells oder ihrer Einzelaktivitäten klar wird, dass sie niemals den Nachhaltigkeitseffekt erzielen, den sie versprochen hatten. Ein Dilemma, welches gerade zu Greenwashing bei SLBs führen kann...

Außerdem ist nicht ganz lupenrein geklärt, ob die durch die SLBs finanzierten Aktivitäten ganz direkt auch die ESG-Ziele erreichen sollen - oder ob "Mischfinanzierungen" möglich sind, bei denen die SLB-Mittel direkt und indirekt die ESG-Performance des Unternehmens unterstützen.

Daher werden weiterhin Verbesserungen bei den Offenlegungs- und Berichtsstandards gefordert, die von den Emittenten solcher Bonds z. B. verlangen würden, besser nachzuweisen, dass die Erlöse aus dem Verkauf ordnungsgemäß zur Finanzierung von Projekten verwendet werden, die auch im Rahmen der EU-Taxonomie für nachhaltige Finanzen als wirkungsvoll beschrieben werden. So soll sichergestellt werden, dass Anleger Aussagen über grüne Anleihen vertrauen können und alle Umweltaussagen oder -informationen von einem unabhängigen externen Prüfer unter der Aufsicht der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde geprüft werden.

Denn SLBs sind im Eurosystem seit Anfang 2021 als notenbankfähige Sicherheiten anerkannt. (Die notenbankfähigen Sustainability-Linked Bonds sind also auch grundsätzlich im Rahmen der geldpolitischen Ankaufprogramme ankaufbar...) Zu dieser Anerkennung gehört allerdings als Voraussetzung, dass die Anleihen alle relevanten Anforderungen für marktfähige Sicherheiten (wie Mindestrating, Listing, Verwahrung, etc.) erfüllen können. Die Ziele des Emittenten werden zwar - wie schon erwähnt - von diesem selbstgesteckt und definiert, müssen aber eindeutig einem oder mehreren UN Sustainability Development Goals (SDGs) entsprechen, die das Eurosystem akzeptiert, oder eben einem der Ziele des Art. 9 der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie-Verordnung) zugeordnet werden können. Diese Zuordnung muss einerseits durch das emittierende Unternehmen selbst in einem Emissionsdokument erfolgen und zusätzlich von einer qualifizierten unabhängigen Stelle bestätigt sein. Es muss also eine Second Party Opinion vorliegen. Diese unabhängige Stelle beurteilt auch die Zielsetzung und überwacht ihre Erreichung. Dies kann über längere Zeit zu Vereinheitlichungen und Standards führen.

In der Gegenwart sorgt die Unsicherheit bei der Beurteilung dafür, dass oft nur solche SLBs in Betracht kommen, die von Unternehmen ausgegeben werden, für die ohnehin schon überzeugende starke Nachhaltigkeitsratings vorliegen. Sie können daher ein interessanter Zusatz in einem Portfolio sein, für das an anderer Stelle schon alle Hausaufgaben gemacht wurden.

Verfasser: Dr. Bernd Villhauer ist Geschäftsführer eines Instituts für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Tübingen, des Weltethos-Instituts. Der Ökonom und Philosoph arbeitet seit vielen Jahren im Bereich der Finanzen und hat eine eigene Beratungsfirma; sein neues Buch "Meine Bank wäscht grüner. Die Ökolügen der Finanzbranche" erscheint im September 2023. Die Herren Bader & Rathgeber sind mit Dr. Villhauer über einige Themenfelder verbunden und veröffentlichen gerne diesen Blogbeitrag von ihm.